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Zehn Bücher Geschichten

Vollständig überarbeitete Übersetzung auf der Grundlage der Übertragung Wilhelm Giesebrechts
ISBN/EAN: 9783737409834
Umbreit-Nr.: 8149476

Sprache: Deutsch
Umfang: 600 S.
Format in cm:
Einband: gebundenes Buch
Lesealter: 16-99 J.

Erscheint am 20.06.2024
Auflage: 1/2024
€ 35,00
(inklusive MwSt.)
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  • Zusatztext
    • Die Zehn Bücher Geschichten (Decem libri historiarum) Gregors von Tours stellen eine unersetzliche Quelle für die Erforschung des Übergangs von der Spätantike zum Frühmittelalter in Mittel- und Westeuropa dar. Obwohl der Fokus primär auf dem spätantiken Gallien liegt, bezieht Gregor das gesamte Gebiet des ehemaligen Römischen Reichs in seine Betrachtungen ein. Das somit als christliche Universalgeschichte angelegte Werk behandelt den Zeitraum von der Erschaffung der Welt - nach alttestamentlicher Überlieferung - bis zum späten 6. Jahrhundert. Neun der zehn Bücher befassen sich mit der Geschichte der frühen Merowinger als Erben der Römer in Mitteleuropa, insbesondere mit den Ereignissen der Zeit Gregors zwischen 575 und 591 n. Chr. Auch in sprachlicher Hinsicht kennzeichnet das Werk den sich vollziehenden Übergang vom antiken Latein hin zu den romanischen Sprachen der Neuzeit. Ein zusätzlicher Wert der Historien Gregors liegt in den vielen spätantiken Quellen, auf die er zurückgriff und die heute als verloren gelten. Oft werden diese nicht bloß genannt, sondern wörtlich zitiert. Gregor von Tours wurde als »Herodot des Mittelalters« bezeichnet. Ohne sein Werk wäre unser heutiges Wissen um diese entscheidende Epoche der europäischen Geschichte wesentlich unvollständiger.

  • Autorenportrait
    • Gregor von Tours (538-594) wurde als Georgius Florentius am 30. November 538 als drittes Kind einer vornehmen gallorömischen Familie in Rom geboren. Er genoss eine gründliche Ausbildung nach spätantiker und frühchristlicher Tradition. 573 wurde er zum Bischof von Tours gewählt und war somit für einen der wichtigsten Bischofssitze Galliens verantwortlich. In dieser Stellung war er als engagierter politischer Akteur in viele Auseinandersetzungen der merowingischen Teilkönige involviert. Gregor starb Ende 594 in Tours und wird dort bis auf den heutigen Tag als Heiliger verehrt. Neben seinem historiografischen Hauptwerk verfasste Gregor eine Reihe weiterer, zumeist hagiografischer Arbeiten.
  • Leseprobe
    • 12. König Childebert aber sammelte ein Heer und befahl gegen den Ort zu ziehen, wo Ursio und Berthefred sich eingeschlossen aufhielten. Es war eine villa im pagus Vabrense [La Vaivre], über dem ein steiler Berg emporragte. Auf dessen Gipfel war eine Basilika zu Ehren des heiligen und seligsten Martin erbaut. Man sagte allerdings, dass dort seit alters her ein castrum gewesen ist, jetzt aber war die Kirche nicht durch Fürsorge, sondern durch die Natur befestigt. In dieser Basilika nun hatten sich die oben genannten mit ihrer Habe, ihren Frauen und ihrer Dienerschaft eingeschlossen. König Childebert ließ also, wie wir gesagt haben, ein Heer ausheben und schickte es dorthin. Die empörten Männer überließen aber indessen, noch bevor sie ihnen nahekamen, alles, was sie an villae und Besitz von ihnen finden konnten, dem Feuer und der Plünderung. Als sie dann an diesen Ort kamen, stürmten sie den Berg hinauf und umringten bewaffnet die Basilika. Ihr dux war gewissermaßen Godegisil, der Schwiegersohn des dux Lupus. Und als sie es nicht schafften, jene aus der Basilika herauszubringen, versuchten sie Feuer zu legen. Als Ursio dies sah, legte er sein Schwert an, ging nach draußen und richtete unter den Belagerern ein solches Blutbad an, dass keiner, der ihm zu Gesicht kam, lebend zurückblieb. Dort kam auch der comes palatii des Königs Trudulf um und viele von diesem Heer wurden niedergestreckt. Und als Ursio erschöpft vom Morden war, wurde er plötzlich am Oberschenkel verwundet, stürzte entkräftet zu Boden, und als andere über ihn herstürzten, beendete er so sein Leben. Als dies Godegisil sah, fing er an zu jubeln und sagte: »Nun sei Friede! Seht, der größte Feind unserer Herren ist gefallen. Berthefred aber soll das Leben erhalten.« Als er so sprach und das ganze Volk auf die Plünderung der Dinge, die in der Basilika angehäuft waren, begierig war, bestieg Berthefred ein Pferd und begab sich zur Stadt Viridunum [Verdun]. Dort glaubte er sich in der Kapelle, die sich in der bischöflichen Wohnung befand, schützen zu können, zumal Bischof Agericus selbst in diesem Haus wohnte. Als aber König Childebert gemeldet wurde, dass Berthefred leider entkommen sei, wurde er vom Seelenleid niedergeschlagen und er sprach: »Wenn dieser dem Tod entronnen sein sollte, entrinnt Godegisil meinen Händen nicht.« Der König wusste jedoch nicht, dass er in die bischöfliche Wohnung eingedrungen war, sondern glaubte, er wäre in eine andere Gegend geflohen. Godegisil bekam Furcht, setzte sein Heer wieder in Bewegung und umringte die bischöfliche Wohnung mit Bewaffneten. Da aber der Bischof ihn nicht herausgeben konnte, sondern versuchte ihn zu schützen, stiegen sie aufs Dach und töteten ihn, indem sie die Dachziegel und das Bauholz, womit die Kapelle gedeckt war, auf ihn herabwarfen. Und er starb dort mit drei Dienern. Der Bischof war darüber sehr bekümmert, weil er ihn nicht nur nicht schützen konnte, sondern auch, weil er den Ort, an dem er für gewöhnlich gebetet hatte und in welchem die Reliquien der Heiligen aufbewahrt waren, mit Menschenblut befleckt sah. König Childebert schickte mit Geschenken zu ihm, um ihm den Schmerz vergessen zu machen. Er aber wollte sich nicht trösten lassen. Viele gingen in diesen Tagen aus Furcht vor dem König fort in andere Gegenden. Einige wurden auch ihrer Ämter als duces enthoben und in diesem Rang folgten andere nach.
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