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'Du hattest es besser als ich'

Zwei Brüder im 20. Jahrhundert - Mit einer Widmung von Konstantin Wecker
ISBN/EAN: 9783888645280
Umbreit-Nr.: 6323583

Sprache: Deutsch
Umfang: 352 S.
Format in cm: 2.8 x 22.1 x 15
Einband: kartoniertes Buch

Erschienen am 24.03.2015
€ 19,80
(inklusive MwSt.)
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  • Zusatztext
    • Frank Nonnenmacher hat eine Doppelbiografie geschrieben über seinen Vater, den Piloten in Hitlers Luftwaffe und späteren Künstler Gustav Nonnenmacher und dessen Bruder Ernst, der als "Asozialer" und "Berufsverbrecher" in den KZ Flossenbürg war. Nach Kriegsende sind Menschen wie Ernst Nonnenmacher nicht als Opfer des Nationalsozialismus anerkannt worden. Ihre Schicksale wurden ignoriert, sie hatten keinen Anteil am erinnerungskulturellen Gedenken in der Bundesrepublik Deutschland. Auch die historische Forschung hat sich viele Jahre lang nicht mit diesen NS-Opfern beschäftigt. Selbst die Betroffenen haben angesichts anhaltender Diskriminierung jahrzehntelang geschwiegen. Mit diesem Buch liegt nach über 70 Jahren die bislang einzige Publikation vor, die die die vollständige Biografie eines von den Nazis als "Asozialen" und "Berufsverbrecher" diskriminierten NS-Opfers erzählt. 2018 hat Frank Nonnenmacher einen Appell an den Deutschen Bundestag gestartet, der von zahlreichen prominenten Erstunterzeichnerinnen und - unterzeichnern sowie von über 20 000 weiteren Personen unterschrieben wurde. Am 13. Februar 2020 wurde daraufhin vom Deutschen Bundestag mit Zustimmung aller Fraktionen (außer der AfD) die Anerkennung dieser Menschen als Opfer des Nationalsozialismus sowie die Bereitstellung von Finanzmitteln für weitere Forschungen beschlossen. In der Bundestagssitzung wurde die Bedeutung des Engagements von Frank Nonnenmacher von allen Fraktionen ausdrücklich hervorgehoben.

  • Autorenportrait
    • Der Autor, Frank Nonnenmacher, geb. 1944, Professor für Politische Bildung an der Universität Frankfurt am Main, legt hier eine biografisch-historisch-politische Erzählung vor. Er hat über 40 Jahre hinweg sowohl mit seinem Vater (Gustav) als auch mit seinem Onkel (Ernst) ausführliche narrative Interviews geführt. Er recherchierte und überprüfte empirisch ihre Aussagen durch Einblicke in die Archive der Konzentrationslager, Gerichtsakten, Dokumente von Jugendämtern, Flugbücher, Briefe und Befragungen weiterer Zeitzeugen. Kapitelweise die Perspektive wechselnd werden die beiden Lebensgeschichten mit Blick auf das Zeitgeschehen erzählt. Kontaktmöglichkeit: nonnenmacher@soz.uni-frankfurt.de
  • Leseprobe
    • Öfter war es Gustav, der von früher sprach: ?Ich hatte eine völlig verkorkste Kindheit. Wenn ich damals, zum Ende des ersten Weltkrieges, als die große Hungersnot war, verreckt wäre, hätte sich niemand darum geschert, das ist mal sicher. Ich hatte niemanden, der sich um mich Sorgen gemacht hätte. Du hattest es besser als ich.? ?Na, besser war ich damals auch nicht dran?, entgegnete Ernst. ?Wir wussten oft am Abend nicht, ob es am nächsten Tag etwas zu essen geben würde. Ich habe mehr als einmal klauen müssen, damit Mutter und ich uns über Wasser halten konnten. Wie oft sind wir von einer schäbigen Bude in die nächste noch schäbigere gezogen, weil Mutter die Miete nicht mehr zahlen konnte. Du hattest es doch gut. Du hattest im Waisenhaus jeden Tag zu essen, ein sauberes Bett und eine Schulbildung. Du hattest keine finanziellen Sorgen, weil man für dich gesorgt hat. Du hattest es besser als ich.? ?Das mag ja sein?, entgegnete Gustav dann, scheinbar einlenkend, ?aber du hattest jemanden. Du warst nicht allein. Du hattest die Mutter!?
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