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Wenn das der Führer sähe ... Von der Hitler-Jugend in Filbingers Fänge

Ein deutsch-schlesisches Kriegsdrama
ISBN/EAN: 9783862824069
Umbreit-Nr.: 8910989

Sprache: Deutsch
Umfang: 768 S.
Format in cm: 5.9 x 21.9 x 14.6
Einband: gebundenes Buch

Erschienen am 17.02.2016
€ 27,90
(inklusive MwSt.)
Nicht lieferbar
  • Zusatztext
    • Jacqueline Roussety lässt in ihrem Roman "Wenn das der Führer sähe." das schlesische Mohrau wieder lebendig werden: den Alltag in den 30er Jahren, die schlesischen Bräuche, die Jahreszeiten - und das erste Automobil. Doch von 1932 bis 1945 halten die nationalsozialistischen Ideologien auch in Schlesien Einzug und beeinflussen besonders die jungen Menschen. Walter Gröger war eines ihrer Opfer; Hans Filbinger, der Mann, der sein Todesurteil vergaß. Doch Walters Schwester vergaß nie. Schlesien in den 30er Jahren. Walter Gröger und seine Schwester Johanna wachsen behütet in Mohrau auf. Doch nach und nach zerstört der aufkeimende Nationalsozialismus die friedliche Idylle. Trotzdem zieht Walter Gröger freiwillig in den Krieg: Diese Gier nach Abenteuer, nach Heldentum! Er wird auf die "Scharnhorst" geschickt - das große deutsche Kriegsschiff. Schnell wird aus dem Jugendtraum ein Albtraum. Am 26. Dezember 1943 wird die "Scharnhorst" von der britischen Marine versenkt. Die Familie trauert, als überraschenderweise ein Brief von Walter aus dem Wehrmachtsgefängnis eintrifft. Er war nach einer durchzechten Weihnachtsfeier nicht auf sein Schiff zurückgekehrt. Daraufhin wird er wegen Fahnenflucht verhaftet und 1945 erschossen. Mitverantwortlich für das Todesurteil war Dr. Hans Karl Filbinger, der spätere Ministerpräsident Baden-Württembergs. Die Sätze, mit denen er versuchte, seine Taten zu rechtfertigen, erschüttern noch heute: "Was damals rechtens war, kann heute nicht Unrecht sein." Im hohen Alter erzählt Johanna Gröger die Geschichte vom ungerechten Tod ihres Bruders. Die Autorin Jacqueline Roussety war tief berührt von dem Kampf der alten Frau um die Würde ihres Bruders, der in diesem apokalyptischen Krieg einen sinnlosen Tod sterben musste. Ein Schicksal, das viele andere Soldaten, aber auch Männer in Zivil, Frauen und Kinder erlitten. "Walter Gröger - er stand für mich stellvertretend für 30 000 wegen Desertion verurteilter Wehrmachtsoldaten; davon etwa 20 000 Urteile vollstreckt, verhängt von deutschen Richtern gegen junge Männer, die sich gegen diesen aussichtslosen Krieg entschieden hatten. Demgegenüber stand ein Mann, der 93 Jahre alt werden durfte, immer gut gelebt hat, in der Politik tätig war - selbst nachdem er hatte zurücktreten müssen. Die Lebensläufe von Walter Gröger (1922-1945) und Dr. Hans Karl Filbinger (1913-2007) konnten nicht unterschiedlicher sein. Ihrer beider Begegnung im März 1945 zog für den einen eine "politische Affäre" nach sich, für den anderen bedeutete sie den frühen, aus heutiger Sicht ungerechten Tod." (Jacqueline Roussety)

  • Autorenportrait
    • Jacqueline Roussety absolvierte eine Schauspiel- und Regieausbildung in Hastings, bevor sie ihren Abschluss in Deutscher Literatur, Geschichte und Filmwissenschaften in Berlin machte. Sie ist freie Redakteurin, Journalistin und Moderatorin bei Radio multicult.fm, schreibt Kolumnen für das Epoch Times Magazine, wobei sie ihren Schwerpunkt vor allem auf Nachhaltigkeit- und Menschenrechtsthemen legt. Zu diesem Thema leitet Roussety auch verschiedene Podiumsdiskussionen. Jacqueline Roussety arbeitet und lebt in Berlin. Viele Sendungen sind auf ihrer Webseite www.jacquelineroussety.de anzuhören.
  • Leseprobe
    • Schlesien, Mohrau 1934 "Der Führer will das so!" [.] Eine spätnachmittägliche Stimmung strömte mit lauer Luft süß zu uns herein. Aus der Ferne hörte man Herbert in seiner Schmiede arbeiten, offene Fuhrwerke rumpelten über die Wege. Viele junge Burschen und Mädchen verließen jetzt die Gegend, kehrten in ihre Heimatdörfer zurück. Die Ernte war eingefahren. Auf den Höfen begannen die Vorbereitungen, die Ställe winterfest zu machen; auch die Erntekrone war wieder erfolgreich übergeben worden. Unsere Haferfahne hatte alle vereint; noch einmal warf der Herbst sein goldenes Licht übers Land und betörte die Sinne. Einige kleinere Kinder tummelten sich unten am Bach, warfen Kieselsteine ins Wasser. Ein ganz normaler, friedlicher Tag. In der Ferne das Bellen eines Hundes, das wohlige Schnauben der Pferde und in den Lüften das Rufen und Schreien der Vögel, die sich auf ihre Reise gen Süden vorbereiteten. Ich beendete gerade meine Hausaufgaben, die Oma immer wieder staunend anschaute, denn sie konnte kaum schreiben und lesen, als Walter in die Küche stürmte, direkt hinter ihm Peter. Beide redeten wie wild auf Mutter ein. "Der Jan blutet! Er bewegt sich nicht mehr! Mutter, du musst helfen!" "Jetzt sind sie zu weit gegangen! Seine Hand war verbunden und trotzdem sollte er kämpfen und durch den Matsch robben. Als Heinrich und seine Helfer ihn triezen wollten, hat Jan sich auf seine Hand gelegt, damit sie geschützt ist, und dabei ist er am Kopf getroffen worden!" Peter war außer sich, Walter zwischen Wut und Hoffnung hin- und hergerissen. Wütend darüber, dass ein Wehrloser so schikaniert worden war, hoffnungsvoll, weil sein Freund in dieser schwierigen Situation zu ihm hielt. Mutter nahm ihre Flasche vom Regal, eine Tinktur, die sie in allen Notfällen einsetzte, dazu ein sauberes Tuch, und dann stürmte sie mit den Jungs aus dem Haus. "Peter, renn zu Doktor Felder, der soll sofort kommen!", kommandierte sie ihm zu. Peter lief den Weg ins Dorf hinunter, während Walter und Mutter den Pfad zur Storchenwiese einschlugen. Dort lag Jan, anscheinend bewusstlos, wie Walter mir später erzählte. Umringt von einem Haufen aufgeregt schreiender und zeternder Jungen. Jeder beschuldigte jeden. Der FähnleinFührer versuchte die Ordnung wiederherzustellen, aber alle redeten wild durcheinander. Erst als meine Mutter sich über Jan beugte, herrschte schlagartig Ruhe. Sie wischte ihm das Blut vom Kopf, versuchte seine Lider anzuheben, um in die Augen blicken zu können. Dann bettete sie seinen Kopf in ihre Schürze und schaute wütend in die Runde. "Seid ihr noch bei Trost? Wie könnt ihr jemanden an den Kopf treten? Solch eine Grausamkeit hat noch nicht einmal im Krieg ihre Berechtigung!" "Er hat seinen Einsatz nicht geschafft. Hier einmal die Wiese rauf und runter robben, wie beim richtigen Krieg!" Gebieterisch zeigte Fähnlein-Führer Heinrich auf die Strecke. "Da mussten wir ihn etwas härter rannehmen. Das ist die Auslese der Tüchtigsten. Das ist nun mal unsere Regel, da muss ich mich doch dran halten! Unser Führer will das so!", gab er trotzig von sich. Einige murmelten etwas Anerkennendes, andere jedoch schüttelten verzweifelt den Kopf. Wiederum andere saßen auf der Wiese und ließen ihren Tränen freien Lauf. Walter rannte hin und her, versuchte zu schlichten und zu beruhigen. Mit wild entschlossener Miene schlug Heinrich die Hacken zusammen, riss den rechten Arm nach oben und brüllte: "Wir wählen Hitler! Denn uns ist sein Name/ Gleich einem Licht und einer Weiheflamme. Vom Weltenlenker eigens uns entfacht/ In Deutschland heutiger dunkler Schicksalsnacht." Alle starrten ihn verblüfft an. "Du darfst doch noch gar nicht wählen. Dafür bist du zu klein und eindeutig zu dumm, Heinrich!" Was Heinrich meiner Mutter darauf am liebsten geantwortet hätte, blieb gottlob sein Geheimnis. Inzwischen war Doktor Felder mit seinem Automobil angekommen. Peter und er sprangen heraus und stürmten auf den bewusstlosen Jan zu. Der schlug in diesem Moment
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