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Die Startbahn

eBook - Eine Erzählung - Eine Erinnerung
ISBN/EAN: 9783944177007
Umbreit-Nr.: 7651387

Sprache: Deutsch
Umfang: 180 S.
Format in cm:
Einband: Keine Angabe

Erschienen am 30.10.2012
Auflage: 4/2012


E-Book
Format: EPUB
DRM: Digitales Wasserzeichen
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(inklusive MwSt.)
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  • Zusatztext
    • Am 2. November 1987 wurden zum ersten und einzigen Mal seit Gründung der Bundesrepublik Polizeibeamte während einer Demonstration erschossen. Die Ereignisse an der Startbahn West des Frankfurter Flughafens gingen als "Startbahnmorde" in die Geschichte ein. Nikola Hahn, damals Angehörige der Bereitschaftspolizei in Mühlheim am Main, erlebte die Ausschreitungen hautnah mit und hielt ihre Gefühle in ihren Tagebüchern fest; Mitte der 1990er Jahre verarbeitete sie ihre Erlebnisse in der Erzählung Baumgesicht; ihre Tagebücher gerieten in Vergessenheit. ---Zum 25. Jahrestag der "Startbahnmorde" im Herbst 2012 veröffentlicht die Autorin und Kriminalbeamtin ihre Erzählung zusammen mit ihren privaten Aufzeichnungen jener Tage, die für sie nicht nur eine dienstliche Zäsur waren.

  • Autorenportrait
    • Nikola Hahn trat 1984 in die Polizei ein und arbeitete unter anderem in der Mordkommission, bevor sie mit den Arbeitsschwerpunkten Vernehmungstaktik, Tötungsdelikte und Ausbildung polizeilicher Pressesprecher an die Polizeiakademie Hessen wechselte. Die Erste Kriminalhauptkommissarin entwickelte das Konzept den "Werkzeugkoffer Vernehmung" für die hessische Polizei und hat einen Lehrauftrag für Kriminalistik an der Hochschule für Polizei und Verwaltung.Nebenberuflich absolvierte Nikola Hahn eine Ausbildung in belletristischem und journalistischem Schreiben sowie in Karikatur- und Pressezeichnen; sie arbeitete als Lokaljournalistin und in der Redaktion der Hessischen Polizeirundschau. Als Autorin und Schriftstellerin ist Nikola Hahn nicht auf ein bestimmtes Genre festgelegt; außer Fachtexten publiziert sie Lyrik, Kurzprosa und Romane. Bekannt geworden ist sie vor allem durch ihre Romane Die Detektivin und Die Farbe von Kristall, in denen sie die Anfänge kriminalistischer Arbeit in Deutschland lebendig werden lässt.
  • Leseprobe
    • --- 1. Aus der Erzählung "Baumgesicht" ---Als Astrid den Namen las, wusste sie, dass ihre Suche zu Ende war. Trotzdem dauerte es einen Moment, bis sie die Bedeutung des Wortes begriff, das in nüchternem Amtsdeutsch auf der Akte stand und keinen Platz mehr für Gefühle ließ: Leichensache. Sie blätterte, bis sie zu der Seite mit den Fotos kam, starrte auf den ausgemergelten Körper, das zerstörte Gesicht, die langen blonden Haare, auf die sie früher so neidisch gewesen war.Astrid und Sandra waren zwei Kinder, wie sie unterschiedlicher nicht hätten sein können, und dass sie im Sandkasten trotzdem miteinander spielten, lag daran, dass Astrids Mutter ihre sensible Tochter davon abhielt, sich in eine stille Ecke zu verdrücken, während Sandras Mutter aufpasste, dass ihr quirliger Spross Astrids Sandburgen stehen ließ. Die Mädchen waren in eine Welt geboren worden, in der zaghafte Zeichen andeuteten, dass das Wirtschaftswunder der goldenen Fünfziger nicht endlos weitergehen würde. [.] Wenn Astrid später jemand fragte, warum sie mit ihrem guten Abitur nicht studiert habe, gab sie finanzielle Gründe an. Tatsächlich war es so, dass sie sich nicht vorstellen konnte, Jahre damit zu verbringen, in Hörsälen herumzusitzen. Was sie aber bewog, einen Beruf zu ergreifen, der weder ihrem Wesen noch ihren Interessen entsprach, blieb ihr selbst unklar. Vielleicht war es ein Stückchen jener Sehnsucht nach dem Leben, die Sandra weggezogen hatte, vielleicht die Suche einer jungen Frau nach Anerkennung? Astrid beschloss, Polizistin zu werden.[.] Als sie an der Startbahnmauer ausstiegen, erzählte ihr ein älterer Kollege, dass das Verhältnis zwischen Widerständlern und Polizei vor der Hüttendorfräumung fast freundschaftlich gewesen war. Seitdem herrsche nur noch Konfrontation. Auf der Hinfahrt empfand Astrid Sympathie für die Demonstranten, auf der Rückfahrt bestenfalls noch für die Sache. An der Südostecke der Mauer hatten sie eine Kaffeetafel aufgebaut. Die anschließende Demonstration nannten sie Sonntagsspaziergang. Frauen, die ihre Mutter oder Großmütter hätten sein können, schimpften sie Flintenweib und Nazischwein. Der Wald musste herrlich gewesen sein.Astrid wusste nicht, der wievielte sonntägliche Einsatz an der Startbahn es war, als sie Sandra traf. Sie erkannte sie sofort an ihren langen blonden Haaren. Ihr freudiges Hallo rief Erstaunen, dann Entsetzen inSandras Gesicht. [.]Hau ab, du Verräterin!, herrschte Sandra sie an. In ihren Augen lag Hass. Und etwas Fremdes, das Astrid nicht deuten konnte.Kennst du die etwa?, fragte ein Kollege.Ja, sagte Astrid.Abends, allein in ihrer Hanauer Westendwohnung, dachte sie lange darüber nach, warum zwei Menschen, die jahrelang eins gewesen waren, nicht einmal mehr ein freundliches Wort füreinander übrig hatten.[.]Dann kam der zweite November 1987, der unter der Schlagzeile Startbahnmorde durch die bundesdeutsche Medienwelt ging. [.] //--- 2. Aus den Tagebüchern ------ Freitag, 6. November 1987 ---Gestern waren wir bis 17.00 Uhr an der Startbahn. Dort, wo die Kollegen verletzt und getötet wurden, standen Pfähle. Es war ein komisches Gefühl, bei Tage an diesen Ort zu kommen. Irgendwie war mir mulmigzumute und einiges kam mir ganz fremd vor. Zum Beispiel sah die Stelle, an der wir in den Wald gelaufen waren, anders aus als in der Nacht. Als wir zentimeterweise über die Wiese vorrückten, auf der dieKollegen von den Schüssen getroffen wurden, musste ich wieder daran denken, dass es nur ein Glücksfall war, dass Tom oder ich nicht getroffen wurde.
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