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Cult Classic

Roman
ISBN/EAN: 9783036950013
Umbreit-Nr.: 7505900

Sprache: Deutsch
Umfang: 384 S.
Format in cm: 2.8 x 19 x 12.7
Einband: gebundenes Buch

Erschienen am 16.05.2023
€ 25,00
(inklusive MwSt.)
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  • Zusatztext
    • New York City, Chinatown. Die frisch verlobte Lola ist mit ihren Kollegen unterwegs und wollte eigentlich nur schnell Zigaretten holen gehen, als sie von einer »zufälligen« Begegnung mit einem Ex-Freund in ihre Vergangenheit katapultiert wird. Am nächsten Abend trifft sie an der gleichen Stelle wieder auf einen Ex-Freund. Und dann auf noch einen. Plötzlich scheint die Stadt überflutet mit den Geistern von vergangenem Herzschmerz. Ist das alles noch Zufall? Eigentlich kümmert Lola das alles nicht mehr, denn sie hat den perfekten Mann gefunden. Oder vielleicht doch nicht? Denn die Begegnungen rühren vergangene Verletzungen auf und lassen sie nicht los, genau wie das Gefühl, dass ihr ehemaliger Chef, nun bester Freund und mittlerweile mystischer Guru, ein zu großes Interesse an dem Ergebnis ihrer Reise in die Vergangenheit haben könnte.

  • Autorenportrait
    • Sloane Crosley ist die Autorin der Essaybände und New York Times-Bestseller I Was Told There'd Be Cake (Finalist des Thurber Prize) und How Did You Get This Number. Sie schreibt für die New York Times und ist Redakteurin bei Vanity Fair. Ihr neuester Roman, Cult Classic, ist ihr erstes Buch, das auf Deutsch erscheint. Ihr nächster Essayband, Grief is for People, wird 2024 veröffentlicht und erscheint ebenfalls bei Kein & Aber. Sloane Crosley lebt in Manhattan.  Alexander Wagner ist u. a. der Übersetzer von Bruce Springsteen und hat für Kein & Aber bereits Phil Hogan und Bob Odenkirk übersetzt.
  • Schlagzeile
    • Wenn die Ex-Freunde einem den Kopf verdrehen - kurz vor der eigenen Hochzeit!
  • Leseprobe
    • PROLOG Unter den Toten gibt es eine Art Glücksspiel. Jede Woche nehmen sie an einer Lotterie teil. Sie halten Lose in ihren staubigen, knöchernen Fingern und schleichen sich damit an einen Hut heran. Dieser steht auf einem kleinen Tisch mitten auf dem Hauptplatz ihres jeweiligen Wohnviertels. Sie strecken ihre Arme aus wie die Klauen eines Greifautomaten und lassen ihre Zettel in den Hut fallen. Die Hüte werden dann von einem besonders gespenstischen bürokratischen Angestellten eingesammelt, und ihr Inhalt wird in eine sich drehende Kugel geleert, deren Standort geheim ist. Wieder zu Hause schalten die Toten ihre Fernsehgeräte ein oder schließen die Telefone oder AM/FM-Radios an, je nachdem, in welcher Ära sie gestorben sind. Dann warten sie. Anfänglich gab es eine Debatte darüber, ob die Lotterie live übertragen werden sollte. Die Bedenken hatten mit den Zeitzonen zu tun. Im Jenseits sind Tag und Nacht identisch mit den irdischen Zeiten. Es schien unfair, dass jeder jemals verblichene Japaner bei Bekanntgabe der Ergebnisse schlafen würde. Schließlich befand man es jedoch für sinnvoller, überhaupt einen Zeitpunkt auszuwählen, als völlig darauf zu verzichten. Der Hauptgewinn der Lotterie besteht in der Chance, für genau drei Minuten noch einmal unter den Lebenden zu weilen. In drei Minuten kann man wenig ausrichten (abgesehen von Mord, wie man so hört), aber mehr als das ist ihnen nun mal nicht gestattet. Was vermutlich auch erklärt, warum jeder Spuk und jede Geistersichtung der Geschichte ungefähr genau diese Zeitspanne dauert. Geister unternehmen keine Roadtrips. Sie warten nicht mit dir in der Schlange im Supermarkt oder schauen dir beim Fernsehen über die Schulter. Natürlich versuchen immer wieder einige, ihr Zeitbudget auszudehnen. Das sind solche Geister, die, als sie noch Menschen waren, in Umkleidekabinen schlenderten und Hosen in einem Tempo anprobierten, als hätte sie es vorher noch nie mit Hosen zu tun gehabt. Doch solche werden rasch wieder zurückzitiert. Obendrein wird ihnen auf alle Ewigkeit die Teilnahme an der Lotterie verweigert. Eine vernichtende Strafe. Trotzdem bedeutet ihnen die Gelegenheit, eine rissige Zimmerdecke anzustarren, sich die Hände zu waschen, den Tisch zu decken oder ihr Zimmer aufzuräumen, so viel, dass sie dafür alles riskieren. Sie vermissen die Teilnahme an diesen kleinen Alltagsdingen so heftig, dass die Sehnsucht danach sie über alle Maßen verzehrt. Diese Geschichte tischte Clive Glenns Mutter ihm immer dann auf, wenn er sich über Langeweile beklagte. Ich denke in letzter Zeit oft über diese Geschichte nach, was seltsam ist, denn Clive hat mir seitdem noch reichlich anderen Stoff zum Nachdenken gegeben. Sie fungiert zwar eher als lustige Anekdote denn als ernst zu nehmende Lektion, aber ein Aspekt der Geschichte hat sich bei ihm festgesetzt, vermutlich der falsche. Das hat die Kindheit nun mal so an sich. Deine Eltern packen dir einen Koffer voller pädagogischer Weisheiten, und wenn du erwachsen bist, stellt sich heraus, dass das meiste davon unnützer Ballast ist. Man muss ausmisten und seinen eigenen Koffer packen. Ich erinnere mich an den Tag, an dem Clive ganz ernsthaft von dieser parallelen Geisterwelt erzählte, und ich glaubte, er wolle sich darüber lustig machen. Aber nein, in Wahrheit legte er ein Geständnis ab. Damals kam mir zum ersten Mal der Verdacht, dass bei ihm etwas nicht in Ordnung war. Und zwar ganz und gar nicht in Ordnung. Trotz all unserer Gemeinsamkeiten an der Oberfläche tummelte sich in Clives Abgründen eine ganze Schar einäugiger Tiefseekreaturen. Es war an einem Freitagnachmittag. Wir saßen um den Konferenztisch, auf den Kanten der ergonomischen Stühle, vor uns die halb leeren Plastikschüsseln mit Salat, erhitzt von urbanen Sonnenstrahlen. In der Mitte lagen die unberührten Servietten des Lieferdienstes. Zunächst gingen wir davon aus, Clive betrachte die verrückten Erziehungspraktiken seiner Mutter als Unterhaltungsstoff für die Lunchpause. Aber nein, er wollte die Idee ernsthaft diskutieren. Ob wir es für möglich hielten, dass das Totenreich tatsächlich so funktionierte? Dass unsere Existenz auf diese Weise in unterschiedlichen Ebenen strukturiert war? Er forderte uns auf, über den Tellerrand zu schauen, hinter die »Naturwissenschaften«, und uns zu fragen, was jenseits davon möglich war. Aber wir waren nicht in der Lage, uns solchen Fragen zu stellen, geschweige denn, darauf zu antworten. Wir waren jung und arm und aßen im Büro zu Mittag, damit wir nicht selbst dafür zahlen mussten, da der Lieferservice bei uns inbegriffen war. Wir kramten nach passenden Gesprächsstoffen. Vadis hatte eine Tante, die mal einen Exorzisten angeheuert hatte. Zach besaß einen Toaster, der sich mitten in der Nacht von selbst einschaltete. War das nicht gruselig? Clive verabschiedete sich unter dem Vorwand, einen Anruf machen zu müssen. Ich hatte gehofft, damit wäre die Sache erledigt. Aber als wir am nächsten Tag aus einer Redaktionssitzung kamen, hielt Clive mich auf und erzählte mir, wie er einmal im Gebäude einen Geist gesehen hatte. Unser Magazin war seit mehr als einem Jahrzehnt in diesem Gebäude untergebracht. Vor uns war hier eine Branding-Agentur, vor ihnen Werbeleute, davor ein Berlitz-Sprachzentrum und ganz früher ein Pan-Am-Callcenter. Wirklich, es hätte jeder sein können, der hier durch die Hallen spukte. Es sei keine Gestalt gewesen, stellte Clive richtig, sondern viel eher »ein Schatten, der sich eigenständig bewegte«. Konnte ich glauben, dass irgendein armer Trottel seine Auszeit von der ewigen Verdammnis genutzt hatte, um die blinkende Toner-LED an unserem Kopierer anzuglotzen? Ich schüttelte den Kopf. Was ich hingegen nicht glauben konnte, war, dass wir dieses Gespräch führten. Der Schatten, fuhr er unaufgefordert fort, erinnere uns an etwas, das jenseits der gewohnten Bahnen unseres Denkens liege. An eine Welt, die trotz unserer Skepsis und unserer mentalen Scheuklappen nicht weniger schlüssig und real sei. »Mystik«, schloss er, »ist für ihre Anhänger ebenso logisch wie Mathematik.« Ich blinzelte und wartete, ob er noch etwas hinzufügen würde. Tat er aber nicht. »Willst du mich verscheißern mit diesem Quatsch?« An diesem Punkt sollte ich wohl erwähnen, dass besagtes Magazin, bei dem Clive elf Jahre Chefredakteur und ich neun Jahre lang seine Stellvertreterin war, Modern Psychology hieß. Also eine wissenschaftliche Fachzeitschrift, vielleicht eine der ältesten und renommiertesten des Landes, wenn nicht der Welt. Wir waren die Schwellenwächter des Berufsstands, wir entschieden über die Relevanz von Forschungsergebnissen, waren die Entzauberer von Mythen. Daher war ich für diese Art von Gesprächen nicht ausgebildet, schon gar nicht von meinem Mentor, einem von wissenschaftlicher Logik und Whiskey beseelten Mann. Ich fühlte mich von seinem Hang zum Okkulten verraten, so wie er sich durch mein schnelles Urteil. Schon bald begann er mich zu meiden, entzog mir sein Vertrauen, flüsterte in meiner Anwesenheit ins Telefon, fehlte ohne jede Vorankündigung bei der Arbeit. Auch unsere Kolleginnen und Kollegen setzte er darüber nie in Kenntnis. Wann immer etwas von oben abgenickt werden musste, fragten sie mich nach Clive. Wohin er verschwunden sei. Oder wann er wieder da wäre. Immer kamen sie zu mir. Aber ich hatte keine Ahnung. Das war, bevor das Magazin den Bach runterging, genau wie die gesamte Printmedienlandschaft, und wir uns alle neu orientieren mussten. Und jetzt? Nun, nichts weiter, Clive. Jetzt bist du tot. Ich sage es dir nur ungern, aber das Leben auf Erden ist auch ohne dich weitergegangen. All deine Machenschaften haben die gewohnten menschlichen Sichtweisen nicht großartig verändert. Gefühle lassen sich nicht durch äußere Manipulationen kaufen oder heilen. Die Menschen sind nicht deine Marionetten. Aber falls es dich tröstet: Ich bin nicht mehr dieselbe. Nicht nach allem, was du mir angetan hast. Zum Beispiel glaube ich nicht mehr an Zufälle. Oft habe ich das Gefühl, jem...
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