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BIS ES PASST

Zehn Erzählungen
ISBN/EAN: 9783038670896
Umbreit-Nr.: 9405363

Sprache: Deutsch
Umfang: 212 S.
Format in cm:
Einband: gebundenes Buch

Erscheint am 25.08.2024
Auflage: 1/2024
€ 28,00
(inklusive MwSt.)
Noch nicht lieferbar
  • Zusatztext
    • Diese Erzählungen sind von einer überraschenden Vielfalt, ihre Sprache wandelt sich mit den halbwahren Begebenheiten und wenig wahrscheinlichen Absurditäten, die sie schildert. Sie reicht von der schlichten Beschreibung eines Nachmittags mit Kind auf dem Land und anderen Stimmungsbildern bis zu beiläufigen Erinnerungen an den Krieg, sie zielt auf das Groteske bei einem literarischen Ferienkurs in der Toskana, ebenso auf das Phantastische beim Kauf eines scheinbar modischen Pullovers, sie streift das Wunderbare beim Schlendern durch Berns Gassen und Zeiten an der Seite von Albert Einstein, das Verstiegene im Monolog eines auf Vernichtung sinnenden politischen Dogmatikers, das Übersinnliche einer seltsamen Beerdigungssitte, die endlich eine akustische Verbindung zum Jenseits ermöglichen soll, sie stellt sich dem traumhaften Versuch, ohne Ausweis über real bewachte Landesgrenzen zu kommen, und mündet in die sanfte Eroberung des Himmels durch Wolken, gar zum Glück des Erzählers und somit nicht von Dauer.

  • Autorenportrait
    • Jürgen Theobaldy, geboren 1944 in Strassburg, lebt nach verschiedenen Jobs und Studien in Mannheim, Freiburg, Heidelberg, Köln und Berlin (West) seit 1984 in der Schweiz und wohnt in Ostermundigen. Sein erster Gedichtband »Sperrsitz« erschien 1973 in Köln, sein erster Roman »Sonntags Kino« 1978 in Berlin. Seitdem hat er vier weitere Romane veröffentlicht, zuletzt »Rückvergütung« 2015, dazu über ein Dutzend Gedichtbände, zuletzt »Auf dem unberührten Tisch« 2019. Die Literarische Kommission der Stadt Bern hat ihm 2006 den Literaturpreis für sein Gesamtwerk verliehen.
  • Leseprobe
    • In diesem Jahrhundert haben die Ströme von Flüchtlingen an Zahl und Länge derart zugenommen, dass sie vom Mond aus neben dem einzig sichtbaren menschlichen Bauwerk, der Chinesischen Mauer, mit blossem Auge erkennbar sind, dunkle Ströme, die über den blauen Planeten ziehen, vom vorderen und hinteren Asien nach Westen, von Afrika und Südamerika zur nördlichen Halbkugel hinauf, und die dabei, den Marskanälen ähnlich, wandernde Linien bilden, Flecken und Verschattungen. Richteten wir einmal den Blick auf die Region, die von dort oben betrachtet zu unserer engsten Heimat gehört, und gewöhnten wir unsere Augen an die nötige Tiefenschärfe, würden wir die junge Frau entdecken, wie sie von dem schnellen, im Frühling tückisch werdenden Gebirgsbach mitgerissen wird, wir würden nach einem aussichtslosen Kampf, von dessen brutaler Endgültigkeit wir nichts spürten, bald wahrnehmen, wie der steifer werdende Körper in das Land hineingetrieben wird, das mit sonnenbeglänzten Weiden im Sommer, den Lichtermeeren seiner Städte frühabends im Winter und hochstrebenden Bankhäusern zu jeder Jahreszeit seine Besucher willkommen heisst, nur eben nicht sie, die sich kurz vor der Grenze noch immer bewegte wie in dem wilden, verkarsteten Landstrich, dem sie entflohen war. Darin ähnelt sie dem jungen Mann, versteckt in einer Hütte aus Bruchstein, der erschöpft und ausgehungert vor sich hin stirbt, bis zuletzt in Angst vor den stundenlang über ihm heulenden Flugzeugen, deren Piloten einen anderen Ernstfall probten als das Aufspüren namenloser Fremder. Denn dazu wäre es nicht einmal nötig, den Grenzzaun auszubessern, der an manchen Stellen nur noch mit schiefen, angekohlten Pfosten und Resten von verrostetem Maschendraht ein Stück Wald auf einer Tessiner Hügelkette durchtrennt, während der Eishauch auf dem Wasser schmilzt, das sich vor Tagen in der einzigen Reifenspur gesammelt hat.
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