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Verflüssigungen

Wege und Umwege vom Sozialstaat zur Kulturgesellschaft
ISBN/EAN: 9783593378121
Umbreit-Nr.: 1637629

Sprache: Deutsch
Umfang: 276 S.
Format in cm: 2.1 x 22.2 x 14.7
Einband: gebundenes Buch

Erschienen am 25.03.2006
Auflage: 1/2006
€ 24,90
(inklusive MwSt.)
Nicht lieferbar
  • Zusatztext
    • Die ExpertInnen des Wandels leben und arbeiten in Wissenschaft und Kunst. Ihre Beiträge hätten wir bitter nötig in einer Zeit, in der sich die Umrisse der Wissensgesellschaft erst herauszuschälen beginnen, in der unser Land vor vielfältigen Problemen des Wandels, etwa auf dem Arbeitsmarkt, steht. Doch die Grenzen zwischen Politik und Kultur sind wie eingefroren. Adrienne Goehler fordert:Verflüssigen wir sie, damit mehr Bewegung in den Wandel kommt!

  • Kurztext
    • Deutschland hat ein enormes kreatives und kulturelles Potenzial. Der Skandal ist: Es wird nicht zum Wohle der Gesellschaft genutzt.Wissenschaft und Künste bleiben im Ghetto, die Politik schottet sich ab. Adrienne Goehler zeichnet einen radikalen Gegenentwurf.

  • Schlagzeile
    • Kultur an die Macht!
  • Leseprobe
    • Wir leben in einer Phase des umfassenden gesellschaftlichen Übergangs, die man als "nicht mehr und noch nicht" bezeichnen könnte. Die Hoffnung auf "mehr, besser, schneller" ist nicht mehr. Der Glaube an die Rettung der Vollbeschäftigung durch den Dienstleistungssektor ist zerschellt. Der Zusammenbruch der New Economy hat unübersehbar deutlich gemacht, dass das westliche System nicht als ein auf hohem Einkommensniveau globalisiertes fortzuschreiben ist, so dass der englische Historiker Timothy Garton Ash mittlerweile mit einiger Berechtigung von "Post-West" spricht. Eine Rückkehr zu Zeiten der Vollbeschäftigung wird es nicht mehr geben, was an ihre Stelle treten soll, damit - um mit Bertolt Brecht zu sprechen - "der Mensch ein Mensch ist, bitte sehr", ist noch nicht Gegenstand öffentlichen Nachdenkens. Die Gegenwart stellt die Frage nach der "azentrische(n) Existenz, die sich ihre Mittelpunkte erst noch schaffen muss"1. Der amerikanische Zukunftsforscher John Naisbitt hat schon in seinem 1984 erschienen Bestseller Megatrends die gegenwärtige Zeit als die zwischen zwei Klammern bezeichnet: Noch nicht zurückgelassen sei die Vergangenheit, die zentralisierte, industrialisierte, in sich abgeschlossene alte Welt, die auf Institutionen, starren Hierarchien und Kurzzeitlösungen aufgebaut war, und gleichzeitig nähmen wir die Zukunft noch nicht an. "Wir halten noch an der bekannten Vergangenheit fest, aus Angst vor der unbekannten Zukunft."2 Während Politikwissenschaftler wie Robert Putnam oder Robert Reich, die mir durchaus als Referenz dienen, das Nicht-Mehr auf beklemmende Weise analysieren, liefern die SoziologInnen und Anthropologen Richard Sennett, Saskia Sassen und André Gorz, Rudolf zur Lippe und Ulrich Beck beispielhafte Ansätze für eine veränderte Betrachtung einer ökonomischen und gesellschaftlichen Realität, die noch nicht greifen. Keine dieser Analysen enthält einen geschlechterdifferenten Ansatz, und bis auf Rudolf zur Lippe befragt keiner die Künste auf ihr spezifisches Potenzial hin. KünstlerInnen sind von Hause aus SpezialistInnen für Übergänge, Zwischengewissheiten und Laboratorien - und als solche natürliche FeindInnen des Verharrens im Bestehenden. Zwanzig Jahre nach Naisbitts Analyse befinden wir uns immer noch zwischen zwei Klammern, und es erfordert individuellen, gesellschaftlichen und politischen Mut, sich diesen Zwischenraum zu vergegenwärtigen und ihn aushalten zu können. Aus dieser Umklammerung der Vergangenheit auszubrechen bedeutet die Auseinandersetzung mit Angst und Abhängigkeit, mit dem Verlust von Erfahrung, persönlicher Sicherheit und staatlicher Fürsorge. Aus der Anthropologie, der Biologie und den Sozialwissenschaften, erst recht aus der Geschlechterforschung, wissen wir, dass alles Lebendige Strukturen braucht, um dauerhaft zu sein - verbunden mit dem Risiko, in deren Regelhaftigkeit zu erstarren. Der Philosoph Max Scheler sprach wie die Psychoanalyse über Panzer und Verpanzerungen, die vor Auflösung und Selbstverlust schützen, aber gleichzeitig Bewegungswechsel erschweren. Im Zwischenraum zu sein bedeutet, Ambivalenzen aushalten zu müssen. Meine Fragen sind in diesem Zwischenraum angesiedelt, sie teilen die Analyse des Nicht-Mehr und suchen nach dem Vorschein des Noch-Nicht.
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