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Was ist Biomacht?

Vom zweifelhaften Mehrwert des Lebens
ISBN/EAN: 9783593380070
Umbreit-Nr.: 1642372

Sprache: Deutsch
Umfang: 240 S.
Format in cm: 1.8 x 20.5 x 13.5
Einband: Paperback

Erschienen am 15.03.2006
Auflage: 1/2006
€ 34,00
(inklusive MwSt.)
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  • Zusatztext
    • Biologie und Fortpflanzungsmedizin sind zum Politikfeld geworden.Wir beginnen uns an das Wort »Biopolitik « zu gewöhnen. Der lebendige Körper, der biologische Stoff, aus dem die Menschen sind, ist Gegenstand einer politischen Ökonomie neuen Typs. Stammzellen, Samen und andere Bestandteile des Körpers werden zur Ware. Eine Umwertung der Werte findet statt: Wenn wir vorherbestimmen können, ob unsere Kinder blaue oder braune Augen haben, wenn Wohlhabenden lebensverlängernde genetische Eingriffe angeboten werden, verändert dies sowohl unseren Alltag als auch unsere ethischen Einstellungen. Petra Gehring behandelt Themen wie Gewebe- und Organverpflanzung, reproduktionsmedizinische Angebote, Hirnforschung und Sterbehilfe. Dabei geht es ihr nicht um die Ausarbeitung einer Bioethik, sondern um philosophischpolitische Beschreibungen der Auswirkungen der neuen »Biomacht«. Kritisch nimmt sie die Biomedizin unter die Lupe und zeigt: Die menschliche Existenz verändert sich - ob zum Positiven oder Negativen, ist noch nicht entschieden.

  • Schlagzeile
    • Wenn Körperstoffe zur Ware werden.
  • Leseprobe
    • Die Probleme, um die es in diesem Buch geht, müssen nicht erst ins Licht gerückt werden. Unter Stichworten wie "Biotechnologie" oder "Bioethik" oder auch "Biopolitik" füllen sie Diskussionsveranstaltungen, TV-Magazine und Feuilletons. Gentechnische Verfahren in der Krankenbehandlung, sozialpolitische Verwendung biomedizinischer Daten, Fabrikation von Fortpflanzungssubstanzen im Labor: Solche Themen entzünden medienwirksame Debatten über Möglichkeiten und Grenzen der Techniken, über Risiken, über Verantwortung, über Zukunftsmärkte und über die Freiheit der Forschung. Zugleich kennt man die Neuerungen, um die es geht, keineswegs nur aus den Medien. Biotechnologien sind längst im Alltag angekommen. Und sie werfen dort Fragen auf. Soll ich gentechnisch hergestellte Medikamente nutzen oder nicht? Wo genau beginnt bei vorgeburtlichen Qualitätstests während der Schwangerschaft die Zone bedenklicher Auswahlentscheidungen? Welcher Versichertengruppe werde ich aufgrund meiner biomedizinischen Daten zugeordnet werden? Vielleicht einer "Risikogruppe"? Oder einer besonders gesunden Gruppe, der dann Privilegien zustehen? Nehmen wir an, letzteres sei der Fall: Nutze ich diese Privilegien dann? Biotechniken und Biomedizin provozieren moralische Ambivalenzen. Sie sorgen für "Dilemmata", würde es in der halb-philosophischen Sprache der Bioethik heißen, die sich um solche Fragestellungen kümmert. Die Bioethik ist eine in den 1970er Jahren neu entstandene Mischdisziplin, in der öffentlich tätige Experten versuchen, moralische Schwierigkeiten im Feld der Anwendung von Biotechnologien zu präzisieren und nach Möglichkeit aufzulösen. Bioethik wird von Wissenschaftlern betrieben, aber sie arbeitet öffentlich - und in der Nähe der Politik. Diejenige Politik, die bioethische Dilemmata entscheidet, heißt in den USA Biopolitics. Im deutschen Sprachgebrauch wird das Wort Biopolitik ebenfalls verwendet, es hat aber einen kritischen Beiklang. "Biopolitik" meint hierzulande nicht einfach ein Politikfeld unter anderen, sondern eine fatale, sich "des Lebens" der Menschen bemächtigende Politik. So oder so: Durch den Hinweis auf eine gesonderte Politiksorte namens Biopolitik ist über die politische Dimension der biotechnischen und biomedizinischen Errungenschaften noch nicht viel gesagt. Ob man Biopolitik schlicht für die Konsequenz des Vorhandenseins von Biowissenschaften, Biotechniken und Bioethik hält oder aber sie kennzeichnen will als eine ungute Art von Politik: Dem Zusammenspiel von moralischer Ambivalenz und politischer Entscheidung wird eine unbestimmte Art von Notwendigkeit zugestanden. In der Tat, wer wollte es bestreiten? Alles, was Biotechniken möglich machen sollen -, vom genveränderten Medikament bis zum erbgutverbesserten Embryo - ist eng verflochten mit der Gesundheits- und Sozialpolitik des Wohlfahrtsstaates. Die neuen Möglichkeiten korrespondieren mit dem Innovationsbedarf von Wissenschaft und Wirtschaft wie auch mit Konsuminteressen der Individuen. Ist Biopolitik also unvermeidlich - einfach weil sie mit einer kompakten wissenschaftlich-technischen Entwicklung korrespondiert?
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