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Betriebliche Interessenregulierung in Deutschland

Arbeitnehmervertretung zwischen demokratischer Teilhabe und ökonomischer Effizienz, Arbeit, Interessen, Partizipation 1, Arbeit - Interessen - Partizipation 1
ISBN/EAN: 9783593387383
Umbreit-Nr.: 1033425

Sprache: Deutsch
Umfang: 299 S.
Format in cm:
Einband: Paperback

Erschienen am 10.11.2008
Auflage: 1/2008
€ 42,00
(inklusive MwSt.)
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  • Zusatztext
    • Die Zahl der Betriebe ohne Tarifbindung wächst, viele tarifgebundene Betriebe arbeiten mit Öffnungsklauseln und individuellen Vereinbarungen. Damit gewinnt die betriebliche Ebene der Interessenregulierung an Bedeutung. Anhand repräsentativer Daten zeichnen die Autoren ein differenziertes Bild der betrieblichen Vertretungslandschaft. Sie zeigen, wie Beschäftigte und Unternehmen ihre Interessen aushandeln und festschreiben.

  • Kurztext
    • Unternehmen agieren heute zunehmend global, neue Formen der Leistungsorganisation entstehen und der Bereich der qualifizierten Wissensarbeit wächst. Gleichzeitig nimmt die Zahl prekärer Beschäftigung zu. Diese Veränderungen bedeuten für die Organisation von Arbeit, für die Interessenregulierung sowie für die Partizipationsbeziehungen eine große Herausforderung. Die Reihe ''Arbeit - Interessen - Partizipation'' widmet sich diesen neuen Herausforderungen. Sie richtet sich an Wissenschaftler und Politiker, an Personalmanager und Betriebsräte wie auch an Interessenorganisationen aus der Wirtschaft.

  • Autorenportrait
    • Ludger Pries ist Professor für Soziologie an der Universität Bochum. Axel Hauser-Ditz und Markus Hertwig sind dort wissenschaftliche Mitarbeiter.
  • Schlagzeile
    • Arbeit - Interessen - Partizipation Herausgegeben von Ludger Pries und Rainer Trinczek
  • Leseprobe
    • 1 Einleitung Seit über einem halben Jahrhundert ist für die Wirtschaft und die Gesellschaft in Deutschland ein rechtlich reguliertes System der Arbeitnehmer-Mitbestimmung in Betrieben und Unternehmen strukturprägend. Es hat seine Wurzeln schon in der Gewerbeordnung aus dem Jahre 1891, wurde während des Ersten Weltkrieges, in der Weimarer Republik und dann vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg weiterentwickelt. Von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gewählte Interessenvertretungen auf der Betriebs- und auf der Unternehmensebene sind zu einem festen Bestandteil des wirtschaftlichen und politisch-demokratischen Institutionensystems in Deutschland geworden. Sie existieren auch in einigen anderen europäischen Ländern wie beispielsweise Österreich, den Niederlanden oder Finnland (Carley u.a. 2005). Generell jedoch ist es schwierig, einem Gewerkschafter aus den USA, einem Manager aus Indien oder einem Politiker aus Mexiko dieses System der Mitbestimmung zu erklären; denn seine Logik erschließt sich erst bei Betrachtung anderer gesellschaftlicher Institutionen, wie dem stark am Prinzip der Beruflichkeit orientierten Arbeitsmarkt, der besonderen Kultur einer Konfliktpartnerschaft (Müller-Jentsch 1991), in denen auch die Gewerkschaften eine wesentliche Rolle spielen, und der dualen Unternehmensverfassung in Deutschland, die für größere Unternehmen jeweils einen Vorstand und einen kontrollierenden Aufsichtsrat vorsieht. Dieses System der Arbeitnehmerpartizipation auf verschiedenen Ebenen und in unterschiedlichen Formen hat sich insgesamt bewährt. Es muss aber immer wieder auch dem gesellschaftlichen Wandel angepasst werden. Generell herrscht zwar gegenwärtig bei den Sozialpartnern sowie in den politischen Parteien ein recht breiter Konsens darüber, dass die institutionalisierte Mitbestimmung die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen nicht notwendigerweise schwächt, dass sie die Wirtschaftsakteure auf langfristiges strategisches und an den gemeinsamen Interessen von Beschäftigten und Unternehmen ausgerichtetes Denken orientiert und dass sie ein nicht zu unterschätzendes Element einer demokratischen Wirtschafts- und Gesellschaftsverfassung darstellt (vgl. Kommission Mitbestimmung 1998). Obwohl Deutschland also schon seit über hundert Jahren ein vergleichsweise ausgeprägtes System der Mitbestimmung auf betrieblicher Ebene aufweist und obgleich unser Land nach wie vor zu den weltweit führenden Exportnationen gehört, haben sich in den letzten fünfzehn Jahren dennoch eine beachtliche Zahl an Unternehmern und Managern, aber auch einige Wissenschaftler für eine Reform und konkret für eine Reduktion des Ausmaßes unternehmensbezogener, aber auch betrieblicher Mitbestimmung ausgesprochen. Es erscheint angemessen und sogar notwendig, die gegenwärtigen strukturellen Veränderungen in Deutschland, Europa und in der Welt zum Anlass zu nehmen, um nach der Zukunft der Mitbestimmung und der Arbeitnehmerpartizipation insgesamt zu fragen. Manchmal besteht dabei allerdings die Tendenz, historisch gewachsene Institutionen recht leichtfertig aus kurzfristigen Überlegungen heraus zur Disposition zu stellen oder gar über Bord werfen zu wollen. Umgekehrt werden zuweilen aber auch etablierte Strukturen einfach blind gegen jede Veränderung verteidigt, selbst wenn ihre Überlebensfähigkeit und Nützlichkeit durch gezielte Anpassungen verbessert werden kann. Vor dem Hintergrund der mitunter kontrovers ausgefochtenen gesellschaftspolitischen Auseinandersetzung ist es ein Anliegen dieser empirisch angelegten Studie, zur Versachlichung der Diskussion um die Zukunft der betrieblichen Arbeitnehmerpartizipation beizutragen. Weder die historischen Aspekte noch die gesellschaftliche Einbettung der Mitbestimmung insgesamt stehen hier allerdings im Vordergrund. Im Folgenden geht es erstens nur um einen Teil des deutschen Mitbestimmungssystems, nämlich um die Beteiligung und Mitbestimmung auf der betrieblichen Ebene - damit bleibt die ebenfalls sehr wichtige und gegenwärtig durchaus kontroverser diskutierte Ebene der Unternehmensmitbestimmung in den Aufsichtsräten ausgeklammert. Zweitens wird aber die traditionelle Perspektive auf die betriebliche Mitbestimmung insofern erweitert, als nicht nur nach Typen und Wirkungsweisen von Betriebsräten gefragt wird, sondern auch andere Formen kollektiver betrieblicher Interessenregulierung gezielt beleuchtet werden. Schließlich sollen drittens der gegenwärtige Stand und mögliche Entwicklungstendenzen der betrieblichen Beschäftigtenpartizipation vor allem unter dem Gesichtspunkt ihrer gegenwärtigen Herausforderungen behandelt werden. Wie sich zeigen wird, bleibt der hier zu behandelnde Gegenstand auch trotz dieser Einschränkungen noch recht umfangreich. Die Fokussierung auf die gegenwärtigen Herausforderungen soll die praktische Verwendbarkeit der hiermit vorgelegten Forschungsbefunde erleichtern. Denn die Relevanz dieser Studie ergibt sich nicht zuletzt aus der skizzierten gesellschaftlichen und teilweise auch wissenschaftlichen Auseinandersetzung über die Zukunft und Zukunftsfähigkeit von Mitbestimmung und betrieblicher Beschäftigtenpartizipation. Ihr Ausgangspunkt ist dabei, dass es jenseits ideologisch motivierter Einschränkungsabsichten einerseits und ungeprüfter prinzipieller Beharrungsstrategien andererseits sinnvoll ist, auf der Basis gesicherter empirischer Erkenntnisse über ihre produktive und nachhaltige Weiterentwicklung nachzudenken. Denn nach allen vorliegenden wissenschaftlichen Studien gibt es keinen empirischen Nachweis für durchschlagende negative Effekte der betrieblichen Mitbestimmung auf die Wettbewerbsfähigkeit oder die nachhaltige Entwicklungsfähigkeit von Unternehmen. Vieles spricht vielmehr dafür, dass die individuelle und die kollektive Beteiligung der Beschäftigten an betrieblichen Entscheidungen und speziell auch das deutsche System der Mitbestimmung längerfristig eher ein Standortvorteil denn ein Standortnachteil sind - dies allerdings nur dann, wenn sie kontinuierlich weiterentwickelt und den grundlegenden Veränderungen und Herausforderungen angepasst werden.
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