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Public History

Öffentliche Darstellungen des Nationalsozialismus jenseits der Geschichtswissenschaft
ISBN/EAN: 9783593388632
Umbreit-Nr.: 1647787

Sprache: Deutsch
Umfang: 290 S., 6 Grafiken, Diagramme, Schaubilder
Format in cm: 2 x 21.3 x 14.2
Einband: Paperback

Erschienen am 11.05.2009
Auflage: 1/2009
€ 29,90
(inklusive MwSt.)
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  • Zusatztext
    • Geschichte wird nicht nur von Historikern geschrieben. Vielmehr konkurrieren diese gerade beim Thema Nationalsozialismus mit zahlreichen anderen Deutungsinstanzen, die Vorstellungen von der Vergangenheit prägen. Dazu gehören Zeitungs-, Radio- und Fernsehjournalisten, Verleger und Lektoren, Museen und Gedenkstätten, Schriftsteller und Staatsanwälte, aber auch Tatbeteiligte und Opfer. Die Autorinnen und Autoren des Bandes zeigen, wie die 'Public History' das Bild des Nationalsozialismus in den verschiedenen Phasen der Bundesrepublik thematisierte und in welchen Beziehungen sie zur universitären Zeitgeschichtsforschung stand. Deutlich wird, dass öffentliche Geschichtsschreibung nicht einfach die akademische popularisierte, sondern auch eigene Anstöße gab.

  • Autorenportrait
    • Frank Bösch ist Professor für Fachjournalistik Geschichte am Historischen Institut der Universität Gießen. Constantin Goschler ist Professor für Zeitgeschichte an der Universität Bochum.
  • Schlagzeile
    • Zeitgeschichte als öffentliche Geschichte
  • Leseprobe
    • Der Nationalsozialismus und die deutsche Public History Frank Bösch/Constantin Goschler Nicht nur akademische Historikerinnen und Historiker schreiben Geschichte. Vielmehr beteiligen sich insbesondere an der Darstellung der jüngsten Vergangenheit und des Nationalsozialismus zahlreiche weitere Akteure und Institutionen. Dazu zählen etwa Journalisten, Publizisten und Verleger, Schriftsteller und Zeitzeugen, das Fernsehen, der Rundfunk und Spielfilme sowie Gedenkstätten, Museen und Staatsanwälte, die für Prozesse historische Akten untersuchten. In Anlehnung an Pierre Bourdieu ließe sich formulieren, dass sie sich alle in einem "zeithistorischen Feld" bewegen, in dem viele Spieler um Deutungen, Reputation und angemessene Regeln ringen. Dabei grenzen sie sich nicht nur gegenseitig aus, sondern spielen sich gelegentlich auch Bälle zu, wovon sie wechselseitig profitieren. Akademische Geschichtsschreibung und öffentliche Geschichte des Nationalsozialismus stehen namentlich bei der Darstellung des Nationalsozialismus in einem engen Verhältnis. Die professionelle Identität der akademischen Zeitgeschichte lässt sich im Anschluss an Eric J. Engstrom durch wenigstens drei Elemente charakterisieren: erstens die Ausbildung als Historiker, zweitens die Arbeit als Historiker und drittens die disziplinäre Selbstreflexion. Der Übergang zur öffentlichen Geschichte erfolgt somit oftmals auch in personeller Hinsicht nahtlos, denn akademisch ausgebildete Historiker verbleiben in ihrer großen Mehrheit nicht in der Forschung. Die amerikanische Public History-Bewegung entstand so gerade auch aus dem Bemühen heraus, die im Gefolge der Hochschulexpansion der 1970er Jahre entstandene Beschäftigungskrise für ausgebildete Historiker durch die Erschließung neuer außerakademischer Berufsfelder jenseits von Universität und Schule aufzufangen. Public History beziehungsweise öffentliche Geschichte lässt sich inhaltlich und methodisch aus unterschiedlicher Perspektive betrachten. Zwei Lesarten dominieren häufig. Einerseits wurde und wird sie vielfach als eine popularisierte Form der wissenschaftlichen Geschichtsschreibung verstanden. Im Sinne eines Top-Down-Modells erscheint sie demnach als eine vereinfachte Form der wissenschaftlichen Erkenntnis, die akademisch etablierte Historiker zuvor entwickelt haben. Andererseits fassen Historiker die öffentliche Geschichte summarisch als Erinnerungskultur und zitierten einzelne ihrer Ausdrucksformen als zeittypischen Diskurs und kollektive Wahrnehmungen der Vergangenheit. Als Maßstab bei der Bewertung solcher Public History dient jeweils der gegenwärtige wissenschaftliche Erkenntnisstand, sodass für jedes vergangene Jahrzehnt die Defizite der damaligen öffentlichen Auseinandersetzung aufgeführt wurden. Auch hier schreiben sich die professionellen Historiker also prinzipiell eine autoritative Position zu, und so mündet das hier beschriebene Verhältnis oftmals in die nur teilweise ironisch gemeinte Formulierung eines Kampfes zwischen Zeithistorikern und Zeitzeugen. Das vorliegende Buch wählt einen etwas anderen Zugang, um die öffentliche Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit zu rekonstruieren, und schlägt damit auch eine alternative Definition von Public History vor. Erstens vermeidet es, die nicht-akademischen Geschichtsdarstellungen von vornherein als mediale Aufbereitung und Verbreitung akademischer Wissensbestände zu fassen, sondern fragt stattdessen nach deren originärem Beitrag zur Rekonstruktion der Vergangenheit. Damit wird das in diesem Bereich bislang vorherrschende diffusionistische Verständnis von Wissenschaftspopularisierung durch ein interaktionistisches ersetzt. Insofern geht das Buch, im Unterschied zu ähnlich gelagerten Arbeiten zur Wissensgeschichte, nicht von den akademischen Forschungen aus, sondern von den nicht-akademischen Darstellungen. Geprüft wird somit, inwieweit jenseits der Geschichtswissenschaft Themen, Quellen und Zugänge entstanden sind, die entweder eigenständig oder in
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