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Wunscherfüllende Medizin

Ärztliche Behandlung im Dienst von Selbstverwirklichung und Lebensplanung, Kultur der Medizin 27, Kultur der Medizin 27
ISBN/EAN: 9783593388816
Umbreit-Nr.: 1647955

Sprache: Deutsch
Umfang: 338 S., 9 Fotos, 4 Tab.
Format in cm: 2.4 x 21.4 x 14.4
Einband: Paperback

Erschienen am 15.06.2009
Auflage: 1/2009
€ 46,00
(inklusive MwSt.)
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  • Zusatztext
    • Über Jahrhunderte hatten Ärzte die Aufgabe, Krankheiten zu verhindern und zu behandeln. Nun stehen sie immer häufiger im Dienst der Selbstverwirklichung und Lebensplanung gesunder Menschen, besonders in der Fortpflanzungsmedizin und der ästhetischen Chirurgie. Welche Konsequenzen hat dies für die Zukunft der Medizin? Die Autoren beleuchten diesen Wandel von der krankheitsbekämpfenden zur wunscherfüllenden Medizin unter ärztlichen, rechtlichen und ethischen Aspekten.

  • Autorenportrait
    • Matthias Kettner lehrt Philosophie an der Universität Witten/ Herdecke.
  • Leseprobe
    • Heilwissenschaft versus Heilkunde: Über die Zukunft der ärztlichen Profession Paul U. Unschuld Heilwissenschaft und Heilkunde in der Medizin Die Medizin besitzt einen eindeutigen Auftrag. Ihr Zweck besteht seit mehr als zwei Jahrtausenden darin, den jeweils zeitgemäßen Stand der Naturwissenschaft zu nutzen, um das Wesen von Krankheiten zu erkennen und auf der Grundlage dieses Wissens Kranksein vorzubeugen, zu lindern oder im Idealfall zu heilen. Da die naturwissenschaftlich begründeten Therapien diesem Ziel bislang nur in begrenztem Maße genügen konnten, haben die Ärzte stets auch wissenschaftlich nicht begründete Verfahrensweisen verwendet, die ihre Berechtigung aus traditionellem Brauchtum oder aber neuartigen Vorstellungen zum Wesen des Krankseins herleiten. Die somit unvermeidliche Heterogenität einer Heilkunde ist allgegenwärtige Realität. Sie kennzeichnet die Ausbildung in den medizinischen Fakultäten der Universitäten ebenso wie die tägliche Praxis in Krankenhäusern oder den Behandlungsräumen niedergelassener Ärzte. Um mit eindeutigen Begriffen zu arbeiten, werde ich im Folgenden zwischen einer medizinischen Heilwissenschaft (das sind die naturwissenschaftlich begründeten Therapien und deren theoretische Grundlagen) und einer medizinischen Heilkunde (das sind die - bislang oder generell - nicht naturwissenschaftlich begründbaren Therapien und deren zu Grunde liegenden Ideengebäude) unterscheiden. Diese Unterscheidung beinhaltet a priori keine Wertung. Während eine mehr oder weniger exakte definitorische Abgrenzung der medizinischen Heilwissenschaft zumindest vorstellbar ist, sind die Grenzen etwa einer sinnvollen medizinischen Heilkunde fließend und kaum zu fassen. Ob die Akupunktur, ob eine Massage, die Bachsche Blütentherapie oder ein Kupfergitter unter der Matratze als sinnvoll oder nicht eingeschätzt werden können, entzieht sich solange allgemein gültigen Kriterien der Beurteilung, wie keine quantifizierbaren Wirkungen feststellbar sind und somit eine Einbindung in die medizinische Heilwissenschaft ausgeschlossen ist. Somit ist es auch kaum möglich, der Medizin klare Regeln vorzuschreiben, welche Arten von medizinischer Heilkunde den in Paragraph 2 Abs. 1, Satz 3 SGB V angesprochenen "allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen und den medizinischen Fortschritt berücksichtigen", um in den Leistungskatalog der GKV aufgenommen zu werden. Nun lehrt die Medizingeschichte jedoch, dass ein Großteil der Patienten, die sich einer Behandlung mittels medizinischer Heilkunde anvertrauen, erfolgreich therapiert werden kann, ohne dass sich solche Heilerfolge generell lediglich auf einen Placeboeffekt zurückführen ließen. Es bestehen daher gute Gründe für den Arzt, in seiner Tätigkeit auch Verfahren medizinischer Heilkunde zu berücksichtigen und gegebenenfalls in Übereinstimmung mit den Patienten solche Verfahren auch therapeutisch einzusetzen. In Deutschland ist hier insbesondere die Homöopathie zu nennen. Neuerdings sind die chinesische Akupunktur und Verfahrensweisen des indischen Ayurveda als besonders medienwirksame außereuropäische Ergänzung medizinischer Heilkunde hinzugekommen. Unzählige weitere Einzelmaßnahmen oder auch durch umfassendere Ideensysteme legitimierte Therapiemöglichkeiten stehen Ärzten und Patienten heute zur Verfügung und vermitteln dem Heilwesen den Charakter eines in seinen weltweit aus Europa und Übersee, aus Geschichte und Gegenwart eingeholten Angeboten unüberschaubaren Supermarktes. Die Verwendung sowohl heilwissenschaftlicher als auch heilkundlicher Therapieverfahren in der Medizin wirft die Frage nach deren Finanzierung auf. Das solidarische System der GKV wurde gegen Ende des 19. Jahrhunderts eingeführt. In der Folgezeit bildete sich eine weitgehende Übereinstimmung heraus, dass allein heilwissenschaftliche Therapieverfahren, also solche, deren Wirkungsweise man naturwissenschaftlich nachweisen zu können glaubte, von den gesetzlichen Krankenversic
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