Bibliografie

Detailansicht

Moralität des Bösen

Ethik und nationalsozialistische Verbrechen, Jahrbuch zur Geschichte und Wirkung des Holocaust
ISBN/EAN: 9783593390215
Umbreit-Nr.: 1280663

Sprache: Deutsch
Umfang: 269 S.
Format in cm: 1.7 x 21.4 x 14
Einband: Paperback

Erschienen am 09.11.2009
Auflage: 1/2009
€ 57,00
(inklusive MwSt.)
Lieferbar innerhalb 1 - 2 Wochen
  • Zusatztext
    • Adorno sprach von einem neuen kategorischen Imperativ nach Auschwitz a?" der Holocaust erfordert demnach eine veränderte Ethik und Moral. Wie soll die gegenwärtige Moralphilosophie auf die historische Erfahrung des Holocaust reagieren? Können moralische Grundsätze eine Folge historischer Erfahrung sein? Im neuen Jahrbuch werden diese Fragen zur Diskussion gestellt. Daneben wird verdeutlicht, wie die nationalsozialistischen Verbrechen durch Versatzstücke moralischer und ethischer Theorien gerechtfertigt wurden, etwa in Konzepten von Carl Schmitt und Martin Heidegger. Die Beiträge zeigen, inwiefern man von einer nationalsozialistischen Moral sprechen kann und welche Echos dieser besonderen Moral sich bis in die Gegenwart vernehmen lassen.

  • Autorenportrait
    • Der Band enthält Beiträge renommierter Philosophen, Politologen und Historiker, wie Ernst Tugendhat, Gesine Schwan und Jean-Pierre Faye. Das Jahrbuch wird herausgegeben von Werner Konitzer und Raphael Gross.
  • Schlagzeile
    • Jahrbuch zur Geschichte und Wirkung des Holocaust
  • Leseprobe
    • Die moralische Ordnung des Nationalsozialismus Zum Zusammenhang von Philosophie, Ideologie und Moral Wolfgang Bialas Moralphilosophische Überlegungen zur Analyse der moralischen Ordnung des Nationalsozialismus Assoziiert mit Konzentrations- und Vernichtungslagern, Euthanasie und Holocaust gilt der Nationalsozialismus zu Recht als Inbegriff der Unmoral schlechthin. Dass die Nationalsozialisten in ihrer Rechtfertigung von Judenverfolgung und Holocaust als moralisch richtig und notwendig, als etwas, das aus guten Gründen getan werden musste, für sich in Anspruch nahmen, in ihrer Vernichtungspolitik moralischen Prinzipien zu folgen, scheint absurd. Die Annahme einer eigenständigen nationalsozialistischen Moral widerspricht der intuitiven Unterstellung, bei einer Moral handle es sich immer um nachvollziehbare Begründungen eines Verhaltens fairer Gegenseitigkeit zwischen Menschen, denen ihr durch spezifische Gruppenzugehörigkeiten bedingtes, vor allem aber auch ihr individuelles Anderssein als selbstverständliches, wechselseitig anerkanntes Menschenrecht zugestanden werde. Wohl auch deshalb stehen Forschungen zur nationalsozialistischen Moral erst am Anfang. Haben auch die nationalsozialistischen Täter im Horizont einer eigenen moralischen Ordnung in ihrem Selbstverständnis moralisch und mit dem guten Gewissen, das Richtige zu tun, gehandelt? Sie behaupteten, frei von eigennützigen Motiven im Interesse des Gemeinwesens, der deutschen Volksgemeinschaft oder auch der Durchsetzung höherer Werte zu handeln. Für ihre Verbrechen suchten sie Rechtfertigungsgründe in einer Gemengelage aus historischen Konstellationen und ideologischen Begründungen. Aus ihrer Sicht war ihr Handeln moralisch gerechtfertigt und erlaubt, ja sogar geboten. An ihrem Handeln und ihrem Selbstverständnis zeigt sich, dass monströse Taten nicht nur von moralischen Monstern oder pathologischen Kriminellen begangen werden können, sondern auch von in ihrer Charakterstruktur und Biografie durchschnittlichen, normalen Menschen, die unter anderen Umständen weder die Gelegenheit gehabt hätten noch in Versuchung gekommen wären, sich an Verbrechen und Massenmord zu beteiligen. Die moralische Verfassung der Täter ist Schnittpunkt zahlreicher Einflüsse, die sie nicht lediglich geformt, sondern auf die sie in je spezifischer Weise mit der Ausbildung eines eigenen Gerüsts moralischer Werte und Rechtfertigungen reagiert haben. Ihre Motive und Beweggründe waren ebenso entscheidend für ihr Handeln wie die ihr Leben bestimmenden soziokulturellen Umstände, die sie unhinterfragt akzeptierten oder als unproblematisch unterstellten. In dieser Konstellation ergeben sich eine Reihe von Fragen: Brauchen Täter in einer ideologisch formierten Gesellschaft persönliche Beweggründe, um so zu handeln, wie es von ihnen erwartet wird? Oder reicht es aus, wenn sie ideologische Vorgaben akzeptieren, auf die sie dann zurückgreifen können, wenn es darum geht, ein Handeln zu rechtfertigen, das aus dem Rahmen trotz des ideologischen Umbaus der Gesellschaft noch immer geltender moralischer Grundannahmen fällt? Kann es in solchen Gesellschaften den Menschen überlassen werden, worin ihre Beweggründe für systemkonformes Handeln bestehen, solange sie nur bereit sind, im Sinne der vom System nachdrücklich gesetzten Erwartungen zu agieren? Menschliches Handeln unterliegt keiner naturgesetzlich zwingenden Logik, sondern findet immer in einem Spektrum möglicher Optionen statt. Es hat Ursachen und Beweggründe, folgt Interessen und moralischen Überlegungen und stellt die Menschen noch in der Abwägung aller Umstände und möglichen Konsequenzen ihres Handelns doch immer wieder vor die Entscheidung, sich in einer bestimmten Weise zu verhalten. Die Annahme eines Reichs der Zwecke, in dem die Menschen einander nur als moralische Subjekte begegnen, ist ebenso fiktiv wie die Unterstellung einer zweckrationalen Verkehrsform, in der moralische Überlegungen überhaupt keine Rolle spielen. Kants moderate Ann
Lädt …