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Personenlexikon der Sexualforschung

ISBN/EAN: 9783593390499
Umbreit-Nr.: 1281017

Sprache: Deutsch
Umfang: 813 S., 150 Fotos
Format in cm: 5 x 23 x 16.5
Einband: gebundenes Buch

Erschienen am 14.09.2009
Auflage: 1/2009
€ 78,00
(inklusive MwSt.)
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  • Zusatztext
    • Nach einem Vorlauf von mehr als drei Jahrzehnten des Suchens und Sammelns im Frankfurter Institut für Sexualwissenschaft legen in diesem Band 60 angesehene Forscherinnen und Forscher aus aller Welt 200 faszinierende Artikel über Leben und Werk bedeutender Sexualforscherinnen und Sexualforscher vor. Hierzu gehören prominente Fachvertreter, die Institute, Zeitschriften oder Fachgesellschaften gründeten, weichenstellende Kongresse abhielten, Standardwerke verfassten, Theorien entwickelten oder provozierende Hypothesen aufstellten. Aber auch wenig bekannte, zu ihrer Zeit und in ihrem Bereich jedoch nachhaltig wirkende Persönlichkeiten sowie Außenseiter, denen die Sexualwissenschaft wichtige Impulse verdankt, sind im vorliegenden Lexikon zu finden a?" ebenso bekannte Philosophen und Soziologen wie etwa Michael Foucault, Norbert Elias oder Niklas Luhmann. Ein besonderes Anliegen ist den Herausgebern die Erschließung des Werkes jener jüdischen Sexualwissenschaftler, die der Naziterror aus Deutschland vertrieben hat.

  • Kurztext
    • After more than three decades of research by the Frankfurt Institute of Sexology this collection presents the efforts by 60 respected scientists from all over the world: 200 fascinating articles about the life and work of important personalities in sexology.

  • Autorenportrait
    • Volkmar Sigusch (1940-2023), Arzt und Soziologe, war einer der angesehensten Sexualwissenschaftler der Gegenwart. Als jüngster Medizinprofessor auf den ersten selbstständigen Lehrstuhl für Sexualwissenschaft berufen, entfaltete er - insbesondere als Direktor des Instituts für Sexualwissenschaft im Klinikum der Universität Frankfurt am Main (1973-2006) - national und international eine außerordentliche Wirkung. Er gilt als Pionier der deutschen Sexualmedizin und als Begründer der Kritischen Sexualwissenschaft, außerdem war er ein erfahrener Sexual- und Paartherapeut. Sein in mehreren Auflagen erschienenes Lehrbuch 'Sexuelle Störungen und ihre Behandlung' gilt als Standardwerk der Sexualmedizin und Psychotherapie. Sigusch gehörte dem Nobelkommittén des Karolinska Institutet in Stockholm zur Vergabe des Medizin-Nobelpreises an, war einer der Gründer der International Academy of Sex Research (IASR), wurde von den führenden Fachblätter The Journal of Sex Research und Archives of Sexual Behavior als Co-Editor für Europa berufen, von der Society for the Scientific Study of Sex, New York, zum Fellow und von der Harry Benjamin Gender Dysphoria Association zum Charter Member ernannt. Nicht zuletzt war Volkmar Sigusch ein brillanter Autor und Essayist. Publikationen der letzten Jahre unter anderem: 'Neosexualitäten' (2005), 'Geschichte der Sexualwissenschaft' (2008), 'Personenlexikon der Sexualforschung' (2009, zusammen mit Günter Grau), 'Die Suche nach der sexuellen Freiheit' (2011), 'Sexualitäten' (2013) und 'Kritische Sexualwissenschaft' (2019).
  • Schlagzeile
    • Das 'Who's Who' der Sexualforschung
  • Leseprobe
    • Das deutsche Wort "Sexualwissenschaft" hat unseres Wissens der Psychoanalytiker Sigmund Freud (1898:498) als erster verwandt, als er die Bedeutung sexueller Ereignisse für die Entwicklung von Neurosen erörterte: "Man erfährt dabei allerlei aus dem Sexualleben der Menschen, womit sich ein nützliches und lehrreiches Buch füllen ließe, lernt es auch nach jeder Richtung hin bedauern, daß die Sexualwissenschaft heutzutage noch als unehrlich gilt." Das neue Wort Sexualität/sexualité/sexuality, das Homer, die Bibel und Shakespeare noch nicht kannten, löste sie nach und nach alle ab: Venus Urania, Venus vulgivaga, Minne, Wohllust, Wollust, piacere, amore, Nisus usw. Sexualität als theoretisches und praktisches, als ästhetisches und moralisches Problem wurde zum Bestandteil einer profanen Kultur, in der sich Bürger als selbstmächtige Subjekte begriffen, die an die Stelle religiöser Verkündigung ihre eigene Vernunft und Reflexionsphilosophie zu setzen suchten. Dieser Prozess spielte sich vor etwa 200 Jahren ab, also vor wenigen Generationen, und zwar nur in Europa und Nordamerika. Unsere Sexualität ist folglich blutjung. Verglichen mit der neuzeitlichen europäisch-nordamerikanischen Gesellschaft, war für die europäische mittelalterliche Gesellschaft "die extreme Uneinheitlichkeit des Verhaltens" charakteristisch (Elias 1969, Bd.1:157 f). Jahrhunderte, einen einzigartigen "Prozess der Zivilisation" lang, dauerte es, bis die Alteuropäer allgemein und effektiv für Lohnarbeit, Sittlichkeit und Sexualität disponiert waren, bis das Sexuelle gleichzeitig hervorgehoben und verschwiegen werden konnte, "so erhoben und erniedrigt" wie keine andere "Naturerscheinung" (Hirschfeld 1908:9). Unvorstellbar für einen mittelalterlichen Menschen, was für uns einheitlich selbstverständlich ist: in einem dunklen Kino sitzen, einen erregenden Film sehen, die "Sexualobjekte" in Greifnähe haben - und drang- wie affektgedrosselt bleiben. Die "sexuelle Frage" konnte im Sinn der Aufklärung und Emanzipation erst gestellt werden, als die menschlichen Vermögen fetischisierend vergesellschaftet wurden und die Not der Menschen nicht mehr überwiegend Hungersnot war. Jetzt ging es um die Befreiung der Ehe von kirchlicher und staatlicher Bevormundung, um Kontrazeption und Geburtenregelung, um Sexualaufklärung und -erziehung der Heranwachsenden, um den Kampf gegen die Prostitution und die Geschlechtskrankheiten, um den Schutz lediger Mütter und unehelicher Kinder, um eugenische "Verbesserung" der Nachkommen, um die Transformation von "Perversitäten" und "Perversionen" von angeblichen Sünden oder Verbrechen in Krankheiten oder gar Vorlieben, um Toleranz gegenüber homosexuellen Männern und Frauen, um die Liberalisierung des Sexualstrafrechts, um die Gleichberechtigung der Frau und die so genannte Freie Liebe. Fraglos ist es eine historische Errungenschaft, wenn es nicht mehr um Hungersnöte geht, sondern um soziale Fragen, zu denen die "sexuelle Frage" gehört. Der alte Kampf ums nackte Überleben ist dann bereits wesentlich erweitert. Im Sinn der "Dialektik der Aufklärung" (Horkheimer und Adorno 1947) liegen bei den Sexualreformen und "sexuellen Revolutionen" Befreien und Unterdrücken, Befriedigen und Versagen ineinander. Repression und Freisetzung des Sexuellen liegen schon deshalb ineinander, weil die Tendenz zur Unterdrückung ? von der Foucault (1976) im Auftakt seiner "Histoire de la sexualité" meinte, sie sei falsch betont worden ? die Tendenz zur Freisetzung logisch voraussetzt; ohne sie kann von jener gar nicht gesprochen, geschweige denn etwas erfahren werden. Philosophisch, sexualwissenschaftlich und politisch ist entscheidend, als was die Freisetzung letztlich angesehen wird. In den Jahrzehnten um 1900 ereignete sich die erste "sexuelle Revolution". Im Zentrum der sexuellen Frage stand die Frage nach Lebenssinn und Lebensglück. Die Gesellschaftsmitglieder verbanden ihre Wünsche nach Glück und Rausch zunehmend mit der sexuellen Sphäre. Die Idee der freien, gleic
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