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Antimilitarismus und Gewaltfreiheit

Die niederländische Diskussion in der internationalen anarchistischen und sozialistischen Bewegung 1890-1940
ISBN/EAN: 9783939045441
Umbreit-Nr.: 2116732

Sprache: Deutsch
Umfang: 360 S.
Format in cm: 3 x 21.5 x 14.5
Einband: Keine Angabe

Erschienen am 15.05.2021
Auflage: 1/2021
€ 26,80
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  • Zusatztext
    • Wurden sozialrevolutionäre Kampfmittel wie Massenstreiks, direkte gewaltfreie Aktion und ziviler Ungehorsam in Europa nur im Rahmen der Gandhi-Rezeption diskutiert? Es ist das Verdienst von Gernot Jochheims historischem Standardwerk, die europäische Geschichte des gewaltfreien Antimilitarismus dem Vergessen zu entreißen. Welche Rolle spielten dabei die anarchosyndikalistische, rätekommunistische und linkssozialistische Arbeiterbewegung von 1890 bis 1940 in den Niederlanden sowie tolstojanisch geprägte Formen individueller Verweigerung? Wie haben Clara Wichmann, Bart de Ligt, Henriette Roland Holst und ihre Zusammenhänge diese Aktionskonzepte im Kontext des Ersten Weltkriegs sowie der Bürgerkriege in Russland und Spanien weiterentwickelt? Die grundlegenden Diskussionen über gewaltfreie Revolution sowie sozialrevolutionäre Verteidigung arbeitete Gernot Jochheim in seiner 1977 veröffentlichten, inzwischen vergriffenen Dissertation "Antimilitaristische Aktionstheorie, Soziale Revolution und Soziale Verteidigung" auf. Für die vorliegende populärwissenschaftliche Neufassung hat Herausgeber Wolfram Beyer die Studie umfassend überarbeitet, vereinfacht und im Anhang gekürzt.

  • Kurztext
    • Es ist das Verdienst von Gernot Jochheims historischem Standardwerk, die europäische Geschichte des gewaltfreien Antimilitarismus dem Vergessen zu entreißen. Es wird deutlich, welche maßgebliche Rolle dabei die anarchosyndikalistische, rätekommunistische und linkssozialistische Arbeiterbewegung zwischen 1890 und 1940 in den Niederlanden sowie tolstojanisch geprägte Formen individueller Verweigerung gespielt haben. Es wird der Frage nachgegangen, wie Clara Wichmann, Bart de Ligt, Henriette Roland Holst und ihre Zusammenhänge diese Aktionskonzepte im Kontext des Ersten Weltkriegs sowie der Bürgerkriege in Russland und Spanien weiterentwickelt haben.

  • Autorenportrait
    • Gernot Jochheim, (*1942), hat in Köln und Berlin studiert: Germanistik, Geschichte, Politologie, Publizistik, Kunstgeschichte, Volkswirtschaftslehre, Pädagogik. Er hat seine Studien abgeschlossen mit dem Diplom in Politologie, dem Staatsexamen und der Promotion zum Dr. phil. mit der Thematik des vorliegenden Buches. Die Theorie, Praxis und Sozialgeschichte der Gewaltfreiheit waren in verschiedenen thematischen Arbeitsphasen von Gernot Jochheim Gegenstände seines - anhaltenden - Engagements. Ab Oktober 1969 war er für drei Jahrzehnte Mitherausgeber und Redakteur der Zeitschrift Gewaltfreie Aktion. Vierteljahreshefte für Frieden und Gerechtigkeit. Seit über vier Jahrzehnten ist er Mitglied im Versöhnungsbund (deutscher Zweig). Mit seinen Forschungen und Publikationen zur Theorie und Praxis der gewaltfreien Konfliktaustragung hat er den Arbeitsbereich Friedensforschung an der FU Berlin mitgestaltet. Seine Publikationen zu den gewaltlosen Protesten gegen die Deportation von jüdischen Internierten in der Berliner Rosenstraße im Februar/März 1943 haben die Aufmerksamkeit auf ein durch die traditionelle historische Forschung unbeachtetes Widerstandsgeschehen gelenkt. Mit seinem Buch Länger leben als die Gewalt. Der Zivilismus als Idee und Aktion (1986) hat er den von Egbert Jahn 1970 in die Diskussion gebrachten Begriff zu vertiefen gesucht. Zudem schrieb er Jugendbücher zur Geschichte der gewaltfreien Konfliktaustragung. Über drei Jahrzehnte war Jochheim als Lehrer an einer Haupt- und Realschule in der Berliner Gropiusstadt sowie einige Jahre am Pädagogischen Zentrum Berlin tätig. Dabei lagen Schwerpunkte seiner Arbeit auf der Unterstützung von Lernenden und Lehrenden bei der Praktizierung gewaltfreier Konfliktbearbeitung und Konfliktaustragung sowie bei der Entwicklung von Erinnerungskultur in der Schule.
  • Leseprobe
    • Die Rolle der Gewaltlosigkeit in der sozialistischen Praxis Henriette Roland Holsts Referat von 1930 Am 10. Februar 1930 fand in Haarlem ein Studienwochenende der Jongeren Vredes Actie (JVA, Jugendliche Friedensaktion) statt. Das Thema lautete Gewalt und Gewaltlosigkeit im Kampf fu¨r den Sozialismus. Referenten waren der Sozialdemokrat Johan Valkhoff mit dem Thema Marxismus, Gewalt und Klassenkampf und Henriette Roland Holst. Sie referierte unter dem Thema Ist Gewalt im Kampf fu¨r eine sozialistische Gesellschaft abzulehnen? Über die Beweggru¨nde, die zu dieser Konferenz und den Einladungen fu¨hrten, ist heute Konkretes nicht mehr in Erfahrung zu bringen. Wie es scheint, entsprangen sie den Bedu¨rfnissen einiger maßgeblicher Mitglieder der JVA. Fu¨r Henriette Roland Holst waren diese Kontakte mehr als zufällig. Ihre politische Ansprache richtete sich zunehmend an die Jugend, weil diejenigen den Sieg davontragen wu¨rden, die die Jugend fu¨r sich gewinnen wu¨rden. Erfahrungen der Russischen Revolution Dieses Datum ihres Kontaktes mit der JVA hat fu¨r den geistigen Weg von Henriette Roland Holst insofern Bedeutung, als dass zu dieser Zeit die Herausbildung eines neuen Verständnisses von Sozialismus als theoretisches Problem abgeschlossen war und nun eine Phase einsetzte, in der sie sich stärker mit Fragen der Umsetzung des neuen Sozialismus auseinandersetzte. Welche Handlungsmuster, welche Aktionsformen waren dem neuen Sozialismus adäquat? H. Roland Holst verfolgt bei der Antwort auf diese Fragen einen deutlichen lerntheoretischen Ansatz, den sie zunächst bei einer erneuten Kritik der Gewalt beim Aufbau des Sozialismus anlegt. Die Wirkungen von Gewalt leitet sie dabei anhand der Erfahrungen der Russischen Revolution ab, wobei sie bewusst die Fragen außer Acht lassen will, ob diese Gewaltanwendungen notwendig waren oder nicht. "Sie (die sozialistische Bewegung, d.V.) hat zum ersten Mal in der Geschichte die Erfahrung gemacht, wie Gewalt in den Händen einer siegreichen Arbeiterklasse, systematisch und über einen langen Zeitraum hin angewendet, wirkt, welche Wirkungen die Gewaltanwendung in den verschiedensten Hinsichten hat." H. Roland Holst unterscheidet drei Wirkungsebenen, die der Betroffenen, die der Anwendenden und die der breiten Massen. Im ersten Fall erscheinen ihr die Chancen, dass Menschen, denen man mit Gewalt begegnet, sich fu¨r neue Produktions- und Lebensformen gewinnen lassen, äußerst gering. Aus diesem Umstand erklärt sie die Verbitterung gegenu¨ber und die Entfremdung von der Revolution. Bei denen, die Gewalt anwenden, sieht sie die Gefahr des Zugzwangs, immer wieder von Neuem die Notwendigkeit von Gewaltanwendung herausstellen zu mu¨ssen und auch neue Situationen in diesem Sinne zu interpretieren. Allein die Annahme von Gewalt schränkt die Handlungsmöglichkeiten und das Offensein fu¨r Alternativen ein. Die Gewaltanwendung tötet schließlich nicht nur das körperliche Leben, sondern bei den Massen auch das geistige und seelische, die Voraussetzung einer jeden Revolution. Jede Anwendung von Gewalt wird zur Gewohnheit und schafft sich die Voraussetzungen ihrer Anwendung immer wieder selbst. Weder "Hypnose der Legalität" noch "Hypnose der Gewalt" Als Beispiel fu¨r mangelndes alternatives Bewusstsein fu¨hrt H. Roland Holst an anderer Stelle die Vernachlässigung der Massenstreikidee an. Es gibt in den 1920er-Jahren nur noch zwei Beispiele fu¨r Massenstreiks, den Streik gegen den Kapp-Putsch 1920 und den Bergarbeiterstreik 1926 in England. Zwar gesteht sie um 1930 herum zu, dass auch die ökonomische Krise die Möglichkeiten des Massenstreiks beeinträchtigt. Aber die Hauptursache dafu¨r, dass der Streik, wie sie in Anlehnung an Rosa Luxemburg formuliert, nicht mehr als Bewegungsform der proletarischen Revolution begriffen wird, liegt ebenso in der Hypnose der Legalität auf Seiten der Sozialdemokratie begru¨ndet wie in der Hypnose der Gewalt bei den Bolschewist*innen. "Solange von den zwei großen Flu¨ge
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